Was ist Retinol? Dr. Tischler klärt auf

Veröffentlicht: 18. August 2025
Retinol

Kaum ein Wirkstoff in der Hautpflege sorgt seit Jahren für so viel Gesprächsstoff wie Retinol. Beauty-Magazine feiern es als Anti-Aging-Wunder, Influencer schwören darauf – und gleichzeitig kursieren viele Mythen und Unsicherheiten.
Doch was sagt eigentlich die Dermatologie dazu?

Als Hautarzt möchte ich in diesem Artikel erklären, was Retinol wirklich ist, wie es wirkt und worauf Sie achten sollten.

Was ist Retinol eigentlich?

Retinol gehört zur Familie der Vitamin-A-Derivate. Im Körper spielt Vitamin A eine wichtige Rolle für Wachstum, Sehkraft und das Immunsystem. Auf die Haut aufgetragen wirkt Retinol vor allem auf die Zellerneuerung und Kollagenbildung.

Kurz gesagt: Retinol gibt müden Hautzellen einen Schubs und hilft ihnen, sich wieder wie „junge Zellen“ zu verhalten.

Welche Wirkung hat Retinol?

Studien zeigen, dass Retinol einer der wirksamsten Inhaltsstoffe in der Dermatologie ist – vorausgesetzt, es wird korrekt angewendet.

  • Falten & Hautalterung: Retinol regt die Kollagenproduktion an, die mit dem Alter abnimmt. Die Haut wirkt straffer und feiner. Stirnfalten oder Lachfalten entstehen dadurch nicht ganz so schnell.
  • Akne & Unreinheiten: Es reguliert die Talgproduktion und verhindert, dass Poren verstopfen.
  • Pigmentflecken & ungleichmäßiger Teint: Durch die beschleunigte Zellerneuerung werden dunkle Flecken nach und nach heller.

 

Das Besondere: Retinol ist kein „Soforteffekt-Wirkstoff“. Die Haut braucht Wochen bis Monate, um sichtbar zu reagieren.

Was sagen Hautärzte zu Retinol?

Aus ärztlicher Sicht ist Retinol ein Goldstandard in der Hautpflege – wenn es richtig eingesetzt wird.

Wir sehen in der Praxis täglich Patient:innen, die viel Geld in Cremes investieren, ohne die Grundlagen zu kennen.

Die wichtigsten Empfehlungen:

  • Langsam starten: 2–3 Mal pro Woche in niedriger Dosierung (z. B. 0,1–0,3 %).
  • Abends anwenden: Retinol macht die Haut lichtempfindlicher.
  • Immer Sonnenschutz tagsüber nutzen – sonst kann der positive Effekt ins Gegenteil kippen.

 

Meine ärztliche Einschätzung: Retinol ist kein Trendprodukt, sondern eine Substanz, die seit Jahrzehnten wissenschaftlich belegt wirkt.

Was darf nicht mit Retinol kombiniert werden?

Eine der häufigsten Fragen in der Sprechstunde: „Kann ich Retinol mit meinen anderen Produkten mischen?“

Nicht ideal in der gleichen Routine:

  • Vitamin C (Ascorbinsäure): beide wirken sauer, zusammen oft zu viel Reizung.
  • AHA/BHA-Säuren (z. B. Glycolsäure, Salicylsäure): verstärken den Peeling-Effekt → Rötungen.
  • Benzoylperoxid: kann Retinol inaktivieren und die Haut reizen.

Gut verträglich in Kombination:

  • Hyaluronsäure: spendet Feuchtigkeit und beruhigt.
  • Niacinamid: stärkt die Hautbarriere, reduziert Rötungen.
  • Sonnenschutz: Pflicht, kein Kompromiss.

Nebenwirkungen – was ist normal, was nicht?

Gerade zu Beginn berichten viele Patient:innen über:

  • leichte Rötung,
  • Schuppung,
  • Trockenheitsgefühle.

Das ist in Maßen normal und zeigt, dass die Haut arbeitet. Wenn die Beschwerden stark werden, hilft es, die Anwendungspausen zu verlängern oder eine mildere Form zu wählen.

Wichtig: In Schwangerschaft und Stillzeit sollte Retinol nicht angewendet werden.

Tipp vom Hautarzt: In der Eingewöhnungsphase kann die Haut spannen oder sich röten. Produkte mit Panthenol oder Ceramiden beruhigen und helfen, die Hautbarriere schneller zu stabilisieren.

Für wen ist Retinol geeignet?

  • Anti-Aging: ab etwa 25–30 Jahren sinnvoll, um erste Fältchen vorzubeugen.
  • Akne: Jugendliche und Erwachsene profitieren von der talgregulierenden Wirkung.
  • Pigmentflecken: bei Sonnenschäden oder unregelmäßigem Teint.

 

Nicht geeignet ist Retinol für sehr empfindliche Hauttypen ohne ärztliche Begleitung.

Häufige Fragen zur Anwendung von Retinol

Wie schnell wirkt Retinol?

Erste Verbesserungen sind oft nach 6–12 Wochen sichtbar, das volle Potenzial entfaltet sich nach mehreren Monaten.

Kann man Retinol täglich anwenden?

Ja, wenn die Haut sich daran gewöhnt hat. Zu Beginn besser 2–3 Mal pro Woche.

Was ist der Unterschied zu verschreibungspflichtigen Retinoiden?

Retinol ist die „milde“ Form. Stärkere Varianten wie Tretinoin sind verschreibungspflichtig und werden bei Akne oder starker Hautalterung eingesetzt.

Darf man Retinol in der Schwangerschaft oder Stillzeit anwenden?

Nein. Retinol und andere Vitamin-A-Säure-Derivate sollten weder in der Schwangerschaft noch in der Stillzeitangewendet werden.
Grund: Vitamin-A-Säuren können die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigen. Deshalb lautet die klare Empfehlung: Verzicht auf Retinol in dieser Zeit.

Wann sollte ich Retinol absetzen?

Idealerweise bereits dann, wenn Sie eine Schwangerschaft planen oder intensiv versuchen.
Spätestens jedoch, sobald ein Schwangerschaftstest positiv ist, sollte Retinol sofort abgesetzt werden.

Fazit: Retinol – ein bewährter Wirkstoff mit großem Potenzial

Retinol ist kein Hype, sondern ein medizinisch belegter Baustein moderner Hautpflege.
Es kann Falten glätten, Akne verbessern und Pigmentstörungen mildern – wenn man es richtig anwendet und Geduld mitbringt.

Mein Rat als Hautarzt:
Starten Sie niedrig dosiert, schützen Sie Ihre Haut tagsüber mit Sonnenschutz und lassen Sie sich im Zweifel beraten. Eine fachliche Hautanalyse und Begleitung – zum Beispiel bei einem Beratungstermin bei Skinmedic – kann helfen, die Anwendung optimal auf Ihre Haut abzustimmen.

Übrigens: Die besten Ergebnisse erzielen wir oft, wenn Retinol mit professionellen Behandlungen kombiniert wird – etwa einem HydraFacial oder einem medizinischen Facial einmal pro Monat. So wird die Haut zusätzlich geklärt, intensiv durchfeuchtet und kann die Wirkstoffe noch besser aufnehmen.

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Dr. med.

Max Tischler

Facharzt für Dermatologie + Allergologie